16.04.04 - "Gesundheitsreform" fördert Verschleppung von Krankheiten und Massenverarmung
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Großspurig verspricht Gesundheitsministerin Schmidt, die Regierung wolle
das Gesundheitswesen "effizienter, transparenter und besser" machen. Immer
deutlicher wird in den letzten Monaten, was es mit der von ihr geforderten
"Eigenverantwortung" der Patienten auf sich hat. Übereinstimmend melden die
AOK-Krankenkassen heute einen Rückgang des Krankenstands der berufstätigen
Versicherten. In Bayern sank er mit 4,3 Prozent auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Bereits bei einer Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) im Sommer 2003 sagten drei Viertel der Befragten, dass sie sich aus Angst vor Jobverlust mit Krankmeldungen zurückhielten. In der Industriestadt Duisburg sank der Krankenstand im letzten Jahr sogar auf 4,18 Prozent. Rückläufig waren sowohl die Zahl der Arbeitsunfähigkeitsfälle als auch die Krankheitsdauer.
Weitere Verschärfung durch Praxisgebühren Auffallend ist, dass vor allem Krankmeldungen aufgrund von Skelett- und Muskelerkrankungen sowie von Rückenerkrankungen zurückgehen, obwohl die Belastung der arbeitenden Menschen durch verstärkte Arbeitshetze deutlich zunimmt. Immer häufiger wird auf eine rechtzeitige Behandlung solcher Krankheiten verzichtet - mit der Folge, dass sie später umso schwerer zu behandeln sind. Diese Entwicklung wird sich durch die seit Jahresbeginn eingeführten Praxisgebühren weiter verschärfen. Nach einer Forsa-Umfrage haben sich 13 Prozent der Befragten entschlossen, deswegen auf einen Arztbesuch zu verzichten - auch wenn es notwendig wäre. Im ersten Quartal 2004 suchten in Rheinland-Pfalz bereits rund zehn Prozent weniger Patienten die Praxen der Kassenärzte auf als im Vorjahr.
Weitere Verarmung durch Zuzahlungen und Gebühren Laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands verschlechtert die "Gesundheitsreform" auf drastische Weise vor allem die gesundheitliche Versorgung von Menschen, die von einer Behinderung oder Suchterkrankung betroffen sind oder in Alten- und Pflegeheimen wohnen. Viele könnten sich schon jetzt - selbst bei Notfällen - den Gang zum Arzt nicht mehr leisten oder müssen auf notwendige Medikamente, Zahnersatz oder Brille verzichten. Betroffen davon sind davon rund 414.000 Menschen. "Armut ist ohnehin ein Gesundheitsrisiko, die Gesundheitsreform verschärft dies noch", klagt der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, an. |